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Schneeschuhwandern im Nationalpark Hohe Tauern:

Der Natur auf der Spur

Wenn der Nationalpark Hohe Tauern unter einen dicken weißen Schneedecke liegt, bedeutet das nicht, dass das Leben im größten Schutzgebiet Mitteleuropas ruht – im Gegenteil. Wer die Schneedecke genau betrachtet findet darauf die Spuren der typischen Waldbewohner. Um welche Tiere es sich dabei handelt, erfährt man bei den geführten Schneeschuhwanderungen der Nationalpark-Ranger.

Wenn in Osttirol der erste Schnee fällt, wirkt es beinahe so, als wäre die ganze Welt verstummt. Die vielen Probleme des Alltags werden bei einer erholsamen Winterwanderung genauso vom Schnee verhüllt, wie die Berge, Wiesen, Wälder und Seen der Region. Bei vielen Menschen erwächst daraus oft das Gefühl, dass sie mit „Mutter Natur“ eins ist. Besonders stark entwickelt sich dieses Gefühl bei den Schneeschuhwanderungen des Nationalparks Hohe Tauern, wo man durch eine sagenhafte Winterlandschaft stapft, seltene Wildtiere zu Gesicht bekommt und dabei auch noch lernt, wie man Tierspuren liest.

Winter-Romantik
Doch am Anfang ist der Schnee. Nachdem man sich beim jeweiligen Ausgangspunkt getroffen und sich mit den Schneeschuhen vertraut gemacht hat, kann es – ausgerüstet mit zwei Skistöcken und einem Rucksack, in dem die eigene Jause später für eine schmackhafte Rast sorgen soll – mit der Winterexpedition losgehen.
Die Schneedecke ist brüchig und ohne Schneeschuhe versinkt man beinahe bis zu den Hüften, doch mit den „tennisschlägerähnlichen“ Gebilden an den Füßen, schafft man es spielend über die Schneedecke zu schreiten. Immer begleitet vom knirschenden Geräusch des Schnees unter den Sohlen.
Eine kleine Wolke, die durch das Ausatmen entsteht, wird zum ständigen Begleiter des Schneeschuhwanderers. Doch das ist nicht der einzige Begleiter. Bereits in der Nacht zuvor wandelte jemand auf derselben „Wanderroute“, die Spuren sind noch deutlich sichtbar.

Spurensuche
Eine kerzengerade Spur verläuft nämlich parallel zu jener Bahn, die der Nationalpark-Ranger in die weiße Schneedecke zieht. „Was ist das für eine komische Spur? Hüpfte das Tier nur auf einem Bein? Ist das eine Katzenspur?“, fragen einige verdutzte Wanderteilnehmer den Ranger. Dieser stoppt, versammelt die Gruppe aus zehn Teilnehmern um sich und zeigt dann auf die Spur. „Wenn man den Fußabdruck genau unter die Lupe nimmt, erkennt man, dass sich die Krallen des Tieres im Schnee abzeichnen“, erklärt der Nationalparkmann, „da hundeartige Tiere im Gegensatz zu den katzenartigen Tieren ihre Krallen nicht einziehen können, erkennt man bei genauerem hinsehen, dass es sich um keine Katze handeln kann. Ein weiterer Hinweis ist die Form der Tatze oder Pranke – bei einer Katze ist diese nämlich eher quadratisch, während die eines Hundes mehr einem Rechteck ähnelt.“
„Also war es keine Katze“, kombinieren die Teilnehmer bei näherer Betrachtung und schließen auf einen Hund. Der Nationlpark-Ranger schüttelt verneinend den Kopf. „Kein Hund, aber ein naher Verwandter von ihm. An der speziellen Gangart erkennt man nämlich recht gut, dass es sich um einen Schnürgang handelt, also einen Gang, der wie an einer Schnur aufgezogen ist. Das lässt auf einen Fuchs schließen“, enthüllt der Ranger.

Dem Täter auf der Spur
Und so geht es immer weiter. Man erfährt, dass die beiden paarweise verlaufenden Spuren jene des Marders sind, der sich springend über die weiße Schneedecke bewegt. Man findet Spuren von Reh- und Rotwild und selbst die einzelnen schwarzweißen und blauen Federn die am Boden liegen, sind bei einer Wanderung mit den ausgebildeten Nationalpark-Rangern kein unlösbares Rätsel mehr. Sie gehören einem Eichelhäher, der einem Raubvogel zum Opfer fiel. „Das erkennt man daran, dass die Enden an denen die Federn im Körper stecken, schön gerupft wurden und daher noch ganz sind. Hätte ein Säugetier den Häher erlegt, wären die Enden völlig zerbissen worden“, erklärt der Ranger.
Auch ein Grünspecht wird bei der spannenden Schneeschuhwanderung als fresssüchtiger Räuber enttarnt, da ein Ameisenhügel mit zahlreichen Löchern übersät ist, aus denen er sich seine Nahrung pickte. Der Fuchs konnte aufgrund der sauberen Lochform als „Täter“ freigesprochen werden.

Das Tier vor mir
Besonders beeindruckend wird das Naturerlebnis jedoch, wenn der Nationalpark-Ranger seinen Zeigefinger auf die Lippen legt und so die Teilnehmer um Ruhe bittet. Er hat nämlich etwas erspäht. Auf der anderen Seite des Tales grasen an einem, vom Wind freigelegten Grasstück, ein wenig oberhalb des Weges, vier Gämsen. Der Ranger baut ein Fernrohr auf einem Stativ auf und richtet den Fokus genauso aus, dass jeder der durchsieht, das Gefühl hat, er könne die scheuen Wildtiere geradezu mit den Händen berühren.
Genauso verhält es sich mit den stolzen Adlern, die sich ebenfalls auf der gegenüberliegenden Seite in die Lüfte erheben und sich auf die Suche nach Nahrung machen. In regelmäßigen Bahnen ziehen sie ihre Kreise.
Die Gewissheit, in diesem Moment eins mit diesen Wildtieren zu sein, ist atemberaubend und ein Erlebnis, das noch lange im Gedächtnis haften bleibt.